Das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man dran zieht.

Mittwoch, 17. November 2010

Mal wieder da

und so ein wenig am verzweifeln.

Die heftigen
Brechanfälle hielten noch circa eine Woche an, mit Vorliebe Nachts (ungeahnte Wäscheberge waren zu erklimmen). Der arme Wurm hatte sich in der Kita (wir waren nur 15 Minuten da, um wegen einer Beurteilung für das Gesundheitsamt nachzufragen) eine Magen-Darm-Grippe eingefangen und dazu auch noch ordentlichen Husten. Tja, und wie das scheinbar bei kleinen Kindern so ist, Husten + Magen/Darm = Mutti darf waschen. Das haben wir aber zum Glück überstanden ... auch wenn ich zum Ende hin (nach der vierten Nacht, in der man aufspringt, weil das Kind hustet) mit den Nerven am Ende war. Zum Glück griff aber das alte Müttermantra "Es ist nur eine Phase, es ist nur eine Phase, es ist nur eine Phase, ...".

Letzte Woche Donnerstag hatten wir ein
Beurteilungstermin beim Gesundheitsamt, zum Glück gleich hier bei uns um die Ecke. Gleich nebendran ist die Zentrale der Rettungswagen, also hatte der Sohn ordentlich was zu gucken. Er wurde gewogen (14,5 Kilo, allerdings mit Zwiebelklamotten (wers nicht kennt, viele Sachen übereinander) und Gummiestiefeln ... durch die Grippe war der Wikinger arg abgemagert ... beim Baden habe ich fast geheult beim Anblick meines dünnen Kindes) gemessen (95 Zentimeter) und es wurden ihm verschiedene Spielzeuge und Karten gezeigt. Einen Stapelturm ignorierte er völlig (hat er ja zu Hause), die Tiere waren auch nicht so spannend, nachdem man ihm verboten hatte, sie anzuknabbern und die Bausteine hat er nur beguckt und vom Tisch geschmissen ... "Lasst mich in Ruhe mit dem Kram." (er spielt lieber mit den Duplobausteinen). Bei den Karten reagierte er wenigsten mit einem gewissen Interesse und die Ente wurde auf Nachfrage mit "WaaWaa" tituliert. Wo ich mich teils amüsierte und ein wenig genervt mit den Augen rollte, waren seine Abpulversuche bei den Aufklebern an der Wand. "Lassen Sie nur, die hat noch keiner ab bekommen," sagte die Frau vom Gesundheitsamt. Tja, mein Sohn hatte keine 30 Sekunden später ein Herz zur Hälfte runter gezogen. Soviel dazu.
Diagnose: ich nehme ihm
zu viel ab, lasse ihn zu wenig alleine machen. Jetzt stellt sich für mich die Frage, was muss ein Zweijähriger alleine können?
- Komplett alleine an- und ausziehen? ... Klappt bei uns nur teilweise. Hosen/Strumpfhosen werden hoch gezogen, Pullover zieht er sich über den Kopf, wenn man ihn zusammen
gekrempelt hat, mit Schuhen kommt er so einigermaßen zurecht, die Arme steckt er durch die Ärmel durch, wenn man ihm beim Finden des Loches hilft.
- Alleine essen? Mit viel Training,
Geduld (hab ich leider nicht so viel :/ ) und noch mehr Küchentüchern kann er inzwischen ganz ordentlich mit dem Löffel essen und kleine Winzschlucke aus dem Becher nehmen. Fingerfood ist immernoch das beste (heute gab es Hühnchennuggets, die waren natürlich super, musste ich ihm noch welche von mir abgeben).
-Hören, wenn man ihm etwas sagt. Daran verzweifle ich so langsam. Ich habe selber früher ab und an mal eine auf den Hintern bekommen und wollte bei meinem Kind nun die andere Seite der Erziehungsmethode anwenden. Aber irgendwie klappt das nicht so recht. Manchmal habe ich das Gefühl, der kleine Bursche tanzt mir auf der Nase herum und dann wieder frage ich mich, ob er einfach noch zu klein ist, um zu verstehen, was ich von ihm will. Wenn er, zum Beispiel, mal wieder etwas runter geworfen hat (mit Absicht) und ich von ihm will, das er den Gegenstand aufhebt, spreche ich wie gegen eine Wand. Dann wird gejammert, geweint, mit den Füßen gestampft ... geschafft habe ich es bisher nur einmal. Hier greift mal wieder meine mangelnde Gedult. Nach fünf Minuten Diskutieren bin ich mit den Nerven am Ende und lasse das Kind stehen (mit einem starken Gefühl, die schlimmste Mutter der Welt zu sein). Das er gut hören kann, weiß ich, aber wenn ich ihm sage, er soll nicht über die Stühle auf den Schreibtisch klettern, werde ich komplett ignoriert und ich muss ihn schließlich runter nehmen. Anschimpfen ... und nach zehn Minuten spielt er das Spiel noch einmal mit mir.
Wie verständig sind Zweijährige. Ich habe in letzter Zeit stark auf etwa gleichaltrige Kinder geschaut und irgendwie hören sie besser auf ihre Eltern. Ich weiß, man soll nicht vergleichen und in fremder Umgebung sind Kinder sowieso eher schüchtern, aber der Wikinger ist überall gleich. Alles muss untersucht werden, Winzigkeiten werden begrabbelt und wenn man (also ich) ihm sagt, er soll doch bitte die Waren im Regal lassen, reagiert er wie bei seinen Klettertouren auf dem Schreibtisch ... nämlich garnicht.
Ich habe bei dem Beratungstermin noch einen Antrag auf Fürhförderung gestellt, aber das wird wohl eine Weile dauern. "Sie haben am 11.02.2011 einen Termin im SPZ. Dann können sie ja sagen, das bereits ein Antrag gestellt wurde, dann das wird man ihnen dort gewiss vorschlagen." Na klasse, dachte ich mir nur, so lange dauert das also.
Es wurde mir auch empfohlen, ihn aus seiner jetzigen Kita zu nehmen (ich habe davon ja schon vergeschwärmt) und ihn in einer Integrationskita anzumelden. Das Konzept der offenen Gruppenarbeit ist scheinbar nicht sein Ding. Er hatte irgendwie gar keinen Draht zu seiner Betreuerin gefunden, rannte lieber herum und probierte, wo man überall Kopfstand machen kann.

Inzwischen frage ich mich nur noch, ob ich nicht zuviel von meinem Kind erwarte. Jedes Kind ist ja anders, wird gesagt und mein Kind in eine Normtabelle zu quetschen, gefällt mir auch nicht, aber so gewisse Richtlinien gibt es ja schon und wenn diese nicht erfüllt werden, wie soll man dann als Mutter reagieren? Inzwischen habe ich alle Untersuchungstermine vereinbart, die es so gibt und ein enormes Gefühl der Machtlosigkeit befällt mich ... vor allem, wenn mein Kind mich mal wieder vollkommen ignoriert und lieber sein Ding durchzieht.

Was haben eure Kinder denn so gekonnt, als sie zwei waren?

Auf ein baldiges, nicht ganz so entnervtes Wiedersehen.

6 Kommentare:

  1. Ich kann dir leider kaum etwas dazu sagen, da ich keine Mutter bin. Zwar hatte ich viel "Erziehungsarbeit" bei meinem Neffen und meiner Nichte übernommen, aber das ist schon so lange her, dass ich nicht sagen kann, was die beiden mit 2 Lenzen konnten und was nicht. Das einzige, was ich noch weiß, ist, dass wir (ihre Mom, also meine Schwester und ich) sehr viel mit den Kids draußen waren, viel getobt haben, ihnen viel erklärt haben im Wald, auf der Wiese, im Park. Sie sind viel auf Spielplätzen herumgeklettert, haben im Dreck, äh, Sandkasten gebuddelt. Es waren auch immer Tiere da (Kaninchen, Hund und Co.). Und die beiden sind prächtig geraten.
    Ich kenn deinen Wikinger nicht, und selbst wenn, fehlt mir die mütterliche Erfahrung. Vielleicht kann bei deiner Frage jemand anderer helfen.
    Ich kann dir nur ganz viel Kraft und gute Gedanken schicken. Ich drücke dir die Daumen, dass alles gut wird. Lass den Kopf nicht hängen, du bist seine Mama und du wirst schon das richtige tun.
    Ganz liebe Grüße und eine dicke Umarmung
    dieMia

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  2. Ich schicke Dir auch ganz viel Gelassenheit. Du kannst Zweijährige nicht vergleichen. Ich hab drei von der Sorte hier. Jedes ist anders. Die eine isst ganz toll, der andere will schon aufs Klo, die nächste zieht sich an und aus...aber alle drei können nichts alles...und hören tun sie mal so mal so. Bleib Gelassen, lass Dich nicht verrückt machen. Hab ihn lieb, schau ihn dir an. Ja, und draussen sein ist Roberts Welt. Auch schon mit 2. Drinnen ist es schwer mit ihm. Du bist die Mama, zum kuscheln, liebhaben, ausprobieren. Nicht zu viel verlangen, bitte! Ich mag das echt nicht gerne, diese Abhacklisten und so....Kennst Du das: Das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man dran zieht. Das ist mein Leitspruch hier. Und der ist gut. Heisst ja nicht, dass ich Spiel anbiete, Schuhe anzuziehen ausprobiere, Stifte in die Hand gebe...doch sie sind zwei!! So wie Dein Schatz. Er hat noch Zeit und das Trotzalter ist ja auch da. Ganz normal ist das.
    Schlaf gut, wie geht's mit dem Job?
    Liebe Grüsse
    Elisabeth

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  3. Ich danke euch. Dein Leitspruch ist wirklich gut, Elisabeth, ich glaube, den werde ich mir riesengroß aufschreiben und in den Flur hängen.
    Job: Naja, ich bin halt entlassen zum 30.11. Aber inzwischen ist mir das ganz recht. So habe ich bald viel Zeit für Erik, kann mir einen Schlachtplan zurecht legen für die Jobsuche und und und. Aber erstmal wird die Adventszeit angenehm verbracht, zusammen Plätzchen backen wird bestimmt unterhaltsam. Und natürlich viel raus gehen.

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  4. Liebe Bine!!

    Ich hab Dich bei mir gelesen und hab gleich beschlossen, euch zu besuchen.
    Liebes, Dein Bub ist 2!
    Ist es nicht verrückt, dass man erst einen "Behinderten Status" haben muss, um den Schubladen des Lebens zu entgehen???
    Steht es unseren Kindern denn nicht zu, von der Norm abzuweichen??
    Steht es nicht jedem Menschen frei, sich auf seine ganz eigene Art und Weise dem Leben zuzuwenden?
    Das Leben wahrzunehmen.
    Und je mehr man als Kind "sein" darf, umso mehr ist man später in der Lage, sich selbst zu mögen, zu respektieren.
    Bitte,lass Deinen Buben "sein".
    Genieße ihn, sieh hin, wie wundervoll er sich unterscheidet von anderen Kindern!
    Freu Dich!

    Danke für Deinen Besuch bei mir...unsere Elisabeth ist die aller, allerbeste!

    Umarmung und Zuversicht!
    Barbara

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  5. Hallo Bine,

    jedes Kind ist wirklich anders. Ich kann mich nicht genau erinnern, was meine mit 2 Jahren konnten oder nicht. Aber z. B. laufen konnte die Große erst mit 16 Monaten. Da hab ich im Vergleich mit den anderen auch immer gedacht: Oh goddogodd. Schon im Kindergarten hat sie sich Freunde sehr genau ausgesucht und nur mit wenigen gespielt. Konnte sich auch sehr gut alleine beschäftigen. Während ich dachte: "Das Kind ist seltsam!" Sagte die Kindergärtnerin: "Das ist doch gut, sie weiss schon genau was sie will." Das ist bis heute so geblieben. Ich hab oft gedacht: "Warum macht sie sich das Leben so schwer?" Aber inzwischen denke ich: "Die macht ihren Weg. Die kommt klar."

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  6. @Barbara Elisabeth ist wirklich die Größte, niemand hat ein größeres Herz. Ich habe inzwischen wieder zu ein wenig innerer Ruhe gefunden und sehe durch all die "Das Kind muss aber diesunddas können" wieder mein Kind ... und es ist wundervoll.

    @ Susi Danke. Danke für die Beruhigung ... ich habe mich wirklich zu sehr verrückt machen lassen, vielleicht normal beim ersten Kind. Und dabei vergessen, wie toll Erik manche Sachen schon kann, die andere Kinder nicht hin bekommen, die doppelt so alt sind. Er ist und bleibt mein Goldkind.

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